Samstag, 29. Oktober 2011

Die bolivianische Evolutionstheorie

Hier in der Schule läuft ja einiges falsch; über manches habe ich schon berichtet, über anderes noch nicht. Es gibt wenige Unterrichtsmaterialien, der Schulhof ist übersäht mit Müll, von Pädagogik haben noch nicht viele Lehrer gehört und die Englischlehrerin kann kein Englisch. Dass sich eine derartige Inkompetenz jedoch nicht nur auf den Englischunterricht erstreckt hat mich dann doch erschreckt. Mir ist an einem Tag aufgefallen, dass es ein paar neue Bilder an der Schulwand gibt:

Die Schöpfungstheorie: „Gott hat jede Art einzeln erschaffen.“

„Evolution des Lebens - Veränderung der Arten im Laufe der Zeit“ mit einem Bild von Lamark daneben.

 Die Evolutionstheorie: „Gott hat einige primitive Arten erschaffen, aus denen sich dann die anderen entwickelt haben.“

Wir erinnern uns noch mal an den Biologieunterricht in der Oberstufe:
Charles Darwin war derjenige, der anhand von Beobachtungen von vielen Arten, die sich nur in minimal voneinander unterscheiden, die Evolutionstheorie mit der Erklärung „Survival of the Fittest“ aufgestellt hat.
Lamark hat die Veränderung der Arten jedoch nicht mit dem Überleben der Stärkeren, sondern auf Anpassung des Organismus auf unterschiedliche  Umwelteinflüsse zurückgeführt. Nach Lamark haben Giraffen lange Hälse, weil sie ständig versuchen an die Blätter zu kommen und nicht, weil ein langer Hals Selektionsvorteile bringt.
Ich bin mir jedoch nicht ganz sicher, ob diese Darstellung der Evolution auf das Unvermögen der Lehrer, oder auf die katholische Prägung des Landes zurückzuführen ist - wahrscheinlich beides.

Müllprojekt

Müll ist hier auf der Isla ein ziemliches Problem. Problematisch ist es gerade, weil das fast nur wir Voluntarier  und unsere Hostelfamilie so sehen. Müll wird in der Regel da entsorgt, wo er entsteht: am Strand, auf dem Feld, in den Bergen, auf dem Boot. Das ist leider nicht nur auf der Isla so, sondern generell in Bolivien ist das Umweltbewusstsein sehr schlecht ausgeprägt.

Ja genau-hier wird Muell verbrannt!
Und so siehts dann hinterher aus!
Hier auf der Isla können und wollen wir das jedoch ändern. Die Freiwilligengeneration vor uns hat einen Container auf dem Schulgelände gebaut und an mehreren Stellen auf der Isla Mülleimer aufgestellt, die jedoch leider nicht genutzt werden. Der Container in der Schule wird auch leider nicht richtig benutzt: das Meiste landet nicht in den Mülleimern, sondern auf dem Boden und oft wird der Müll, der dann doch anfällt hinter der Schule verbrannt. Wir werden jetzt versuchen, das Stück für Stück zu ändern. Der Müll, der tatsächlich im Container landet, soll getrennt werden und nach Copacabana geschafft werden. Neben unserer Tätigkeit als Englischlehrer werden wir also nun auch noch Müllmänner sein und den Müll jeden zweiten Mittwoch in Säcke umpacken und nach Copacabana bringen.  Hier einige Bilder von der ersten Müll-umpack-Aktion:
 






Donnerstag, 13. Oktober 2011

Memoryspielen mit der 4. Klasse

Da sich der letzte Eintrag über den Englischunterricht hier so niederschmetternd pessimistisch angehört hat, hier einige Bilder meiner 4. Klasse beim Memoryspielen - natürlich mit Vokabeln!









Englischunterricht

Die Hauptaufgabe der Voluntarios auf der Isla ist der Englischunterricht. Die Schule „Challa B“ ist in die Primaria (1.-6. Klasse) und Segundaria (7.-12. Klasse) aufgeteilt. In der Primaria gibt es überhaupt keinen Englischlehrer, sodass wir eigenständig unterrichten. In der Segundaria gibt es eine Englischlehrerin, die (fast) kein Englisch kann und so nur das Thema vorgibt und sich für den Rest der Stunde hintern rein setzt und am Unterricht teilnimmt. 
Diesen Unterricht darf man sich nicht wie Sprachenunterricht in Deutschland vorstellen. Es gibt haufenweise Probleme, die wir beachten müssen, wenn wir den Unterricht planen und geben.
  1. Die Schüler sind hier auf der Insel aufgewachsen und oftmals noch nicht weiter als Copacabana gekommen. Ihre Muttersprache ist Aymara und sie lernen Spanisch also erste Fremdsprache. Dementsprechend fehlt die Einsicht, dass es wichtig ist Englisch zu lernen. 
  2. Da die Schüler sich untereinander auf Aymara unterhalten und wissen, dass die Voluntarios sie nicht verstehen, machen sie sich manchmal einen Spaß daraus, uns auf Aymara anzureden. Die beste Lösung, die uns bis jetzt eingefallen ist, ist anzufangen Deutsch mit den Schülern zu reden. 
  3. Da Spanisch nicht Muttersprache ist, fehlt oft das Sprachgefühl. Außerdem führt der schlechte Unterricht dazu, dass selbst die Schüler in den höheren Klassen viele Schreibfehler machen und von Satzzeichen und Akzenten noch nie was gehört zu haben scheinen. 
  4. Für den Unterricht selbst ist es schwierig, dass die Schüler keinen Ehrgeiz haben, Englisch zu lernen und so zu Hause weder Vokabeln noch Grammatik lernen. 
  5. Da die Schüler kaum mit der Sprache in Kontakt kommen, haben sie große Schwierigkeiten mit der Aussprache. Die einzige Möglichkeit sie zum Reden zu bringen, ist sie angeschriebene Wörter oder Sätze im Chor nachsprechen zu lassen, da sie zu schüchtern sind alleine zu sprechen. 
  6. Insgesamt fehlt es den Schülern an Disziplin und Ordnung. Das führt zu für deutsche Verhältnisse chaotischen Zuständen während des Unterrichts und somit zu einer schlechten Lernatmosphäre.

Pollo al horno- Hühnchen aus dem Steinofen


Hier auf der Isla ist das Essen zwar generell gut, aber getoppt wurde alles, als Nelson mit seinem Vater Don George einen Steinofen (es ist keine Steinofen, sondern ein Ofen mit heißen Steinen) gebaut haben und Hühnchen mit Süßkartoffeln und Bananen gemacht haben.

Man nehme Feuerholz und erhitze Steine

Zutaten: gewürztes Hühnchen, Kartoffeln, Bananen

Als die Steine heiß genug waren wurden zunächst Kartoffeln…


…dann das Hühnchen und zum Schluss die Bananen zwischen die Steine geschichtet,...

… alles mit Stroh, einer  Folie und Sand abgedichtet und 35 Minuten garen gelassen.


Danach wurde alles in umgekehrter Reihenfolge zutage gefördert:


Erst die Bananen…

…dann das Hühnchen…

…und zum Schluss die Kartoffeln.

Das Ergebnis war ein super leckeres Mittagessen!


Pollo- Hühnchen

Papas- Kartoffeln

Postre-Bananen

Sonntag, 9. Oktober 2011

So wohne ich

 Wir Freiwilligen wohnen im Hostel in Challa, einem von drei Orten hier auf der Insel. Challa Pampa und Yumani sind dabei die Touristenorte, in denen es fast nur Restaurants und Hostels gibt, während hier in Challa die Schule ist.

Also hier unser Hostel... ich wohne oben rechts.
Der Blick aus meinem Fenster- abends kann ich sogar vom Bett aus die Sterne sehen!
Das ist meine Zimmer, das ich mir dann bald mit David teile mitsamt eigens für mich angefertigtem Regal.

Das Bad mit elektronischer Dusche... funktioniert mir so einer Art Tauchsieder, der das Wasser erhitzt wenn man es auf dreht. Nachteile: Wenn man zu stark aufdreht wird das Wasser nicht warm und man bekommt manchmal einen gewischt.


Die Küche und der Comedor mit der Terrasse.

Die Küche, in der Sol Mittags und Abends sehr leckeres Essen macht.

Der Comedor, in dem wir essen, wenn es draußen zu kalt ist.

Die Terrasse mit Blick auf den See


Die Waschnmaschine ...


Mein erster Schultag- als Lehrerin


Montag- der erste Schultag für mich! Nach so vielen Wochen (fast) nichts tun hab ich mich richtig auf eine sinnvolle Arbeit gefreut. Um acht ging es dann mit der wöchentlichen Reunion los. Die Schüler versammeln sich dabei auf dem Schulhof und stehen in einer bestimmten Ordnung. 1,5 Stunden wurden dann Reden gehalten, die Nationalhymne und die Schulhymne gesungen, Tänze aufgeführt und Gedichte vorgetragen. Danach ging es dann für mich leider immer noch nicht in den Unterricht, sondern ich bin mit Nelson zum Schulrat, der aus den beiden Schulleitern und den Dorfältesten besteht, gegangen. Das hieß für mich leider zwei Stunden in der Sonne sitzen und den anderen dabei zuhören wie sie Aymara reden. Ganz zum Schluss hat Nelson mich dann offiziell vorgestellt und noch einmal die Idee für das Müllprojekt erklärt. Nach einer kleinen Pause bin ich dann mit Hannes in seine Primero der Segundaria gegangen (Die Schule ist hier in 1.-6. Klasse der Primaria und noch mal 1.-6. Klasse der Segundaria aufgeteilt).
Das Thema haben wir am Anfang der Stunde erfahren: Adjektive. Da wir uns nicht vorbereiten konnten haben wir das hier übliche Unterrichtsprinzip befolgt: Wörter anschreiben, die Klasse abschreiben lassen, dann die Wörter mit Übersetzung vorlesen, die Klasse nachsprechen lassen und dann die Klasse anhand von Beispielsätzen neue Sätze bilden lassen.
Ja, ich bin angekommen in einem Entwicklungsland, in dem die Lehrer noch nichts von Pädagogik und in unserem Fall auch von ihrem eigenem Fach gehört haben. Es wurde immer wieder gesagt, dass man Geduld haben muss und nicht gleich alles ändern kann, realisieren muss man das jedoch selbst. Wir haben schon ein paar Ideen wie was wir ändern wollen und werden wohl damit anfangen, mit der Lehrerin die Themen bis zu den nächsten Prüfungen zu besprechen, damit wir den Unterricht vorbereiten können. Ich bin gespannt wie sich das entwickelt!
Das Schulgelaende von oben

Anreise und erste Tage auf der Isla


Nach meinem unfreiwilligen Aufenthalt in La Paz und Copacabana bin ich dann am Freitagmittag endlich auf der Isla in Challa Pampa angekommen. Nelson und Max haben dort am Steg zum Glück schon auf mich gewartet und mir mit meinem Gepäck geholfen. Es kam mir ein bisschen unverschämt vor nichts zu tragen; ich musste aber einsehen, dass es sinnlos gewesen wäre etwas zu tragen, da der Weg nach Challa zum Hostel für mich durch die Höhe auch ohne Gepäck sehr war.
Um meine neue Umgebung richtig zu beschreiben werde ich noch viele Einträge schreiben müssen, aber hier erstmal ein Überblick:
Ich habe ein Doppelzimmer mit eigenem Bad für mich alleine. Blick auf den See inklusive. Die beiden Freiwilligen Max und Hannnes wohnen in der Etage unter mir und wir verbringen sehr viel Zeit zusammen....kochen, Filme schauen, in der Schule oder einfach chillen auf der Terrasse. 
Die Hostelfamilie besteht aus Nelson, Sol, ihrer kleinen, ein wenig verzogenen Tochter Cielo,  Nelsons Vater Don Jorge, den beiden Hunden Negra und Luna (die hat gerade fünf Welpen bekommen) und dem Kater Macho.

Abendessen mit Sol, Cielo, Nelson, Hannes und Max, der gerade fotografiert
Sol und Cielo am Strand
Ich mit Cielo
Am ersten Tag ging es gleich nach dem Mittagessen noch mal nach Challa Pampa zum Onkel von Nelson, wo wir Steine für einen neue Mauer vom Strand in den Garten transportiert haben. Am Samstag ging es dann für mich zum ersten Mal 1,5 Stunden nach Yumani, dem Touristenort im Süden der Insel um per Internet ein Lebenszeichen von mir zu geben. Zurück in Challa sind wir zur Dorfversammlung, die einmal im Monat stattfindet, gegangen, um uns vorzustellen und unsere Ideen zum Müllprojekt absegnen zu lassen. Wir saßen leider den Rest der Zeit abseits und haben gewartet, da die Versammlung in Aymara abgehalten wurde und wir so nichts verstehen konnten. 

Reunion der Dorfbewohner auf dem Dorfplatz

Sonntag war dann frei- naja nicht ganz: Sonntag ist Waschtag. Das erste Mal Handwäsche und ich hab mich gefragt, ob ich nicht Socken zwei Tage tragen sollte...